«dialog» 40 April 2022
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dialog Nr. 40 April 2022
Interview. Blind arbeiten? Selbstverständlich! Andres Denzler, Michael Fehr und Urs Rehmann – drei sehbehinderte Menschen berichten aus ihrem Arbeitsleben.
Braille-Wörterbuch. Die SBS kennt viel mehr Wörter als der Duden. Hier erfahren Sie, warum das so ist.
- Editorial
- Interview
- Braille-Wörterbuch
- Spenden
- Buchpatenschaft
- 5 Fragen an Heidi Nisslé, Buchpatin
- Who's who
- SBS Märchenbücher
- Tag der offenen Tür 2022
- Impressum
Editorial
Liebe Spenderin, lieber Spender
Arbeit ist gemäss Gabler Wirtschaftslexikon »eine zielgerichtete, soziale, planmässige und bewusste, körperliche und geistige Tätigkeit. Ursprünglich war Arbeit der Prozess der Auseinandersetzung des Menschen mit der Natur zur unmittelbaren Existenzsicherung.«
Schon längst dient Arbeit jedoch nicht mehr allein der Existenzsicherung. Arbeit verleiht einem Leben Sinn und Struktur. Durch meine Arbeit leiste ich einen Beitrag an die Gesellschaft und fühle mich dadurch in meinem Selbstwert gestärkt und als Mensch wichtig und wertvoll.
Im Laufe der technologischen Entwicklung und Digitalisierung hat sich die Arbeit stark verändert. Immer mehr Arbeiten, die körperliche Kraft erfordern oder stark repetitiv sind, werden von Maschinen übernommen. Auch geistig anspruchsvolle Tätigkeiten, die Konzentration und analytisches Denken erfordern, können an Computersysteme delegiert werden. Entsprechend schwieriger wird es für uns, eine passende und sinnstiftende Arbeitsstelle zu finden.
In diesem »Dialog« berichten wir von drei sehbehinderten Menschen, die trotz Einschränkungen und Hürden eine Arbeit gefunden haben, die für sie mehr als nur Existenzsicherung bedeutet. Lesen Sie ab Seite ..., wie unterschiedlich sich die Erfahrungen der drei Interviewten auf ihre Lebensläufe ausgewirkt haben.
Wir alle benötigen bei unserer Arbeit auf uns abgestimmte Hilfsmittel und Instrumente wie Taschenrechner, Handbücher, Brillen oder Telefon-Headsets. Für die besonderen Bedürfnisse von sehbehinderten Menschen in der Ausbildung und am Arbeitsplatz produziert die SBS die notwendigen Lehrmittel, Fachbücher und Nachschlagewerke im jeweils geeigneten Format – in Blindenschrift, als Audio-Aufnahme, als digitales Dokument oder im Grossdruck.
Dass die SBS auch weiterhin blinden und sehbehinderten Menschen in ihrer beruflichen Laufbahn weiterhelfen kann, ist nur dank Ihrer grosszügigen Unterstützung als Spenderin, als Spender möglich! Dafür danken wir Ihnen von ganzem Herzen!
Ihr Daniel Kunz, Stv. Geschäftsführer SBS
PS. Übrigens hat sich in den vergangenen Jahren auch bei uns in der SBS die Arbeit durch den Einsatz von neuen Technologien stark verändert. Ein Beispiel dafür zeigt der interessante Beitrag über das Braille-Wörterbuch.
Interview
Das Arbeitsleben blinder und sehbehinderter Menschen
Wo arbeiten blinde oder sehbehinderte Menschen? Als Telefonistin oder Telefonist, weil es dabei vor allem auf die Stimme ankommt. Oder weil sie mit ihren Händen sehr feinfühlig sind, vielleicht als Masseurin oder Masseur. Derartige Vorurteile gelten zum Glück schon lange nicht mehr.
Das Arbeitsleben und die Perspektiven sehbehinderter Menschen sind vielfältig und herausfordernd. Wir stellen Ihnen heute drei Persönlichkeiten vor, die mitten im Arbeitsleben stehen und beleuchten ihre Schwierigkeiten in der Arbeitswelt, die trotz aller Fortschritte bei der Inklusion weiterhin bestehen.
Welche Möglichkeiten habe ich?
Diese Frage stellt sich jeder Mensch bereits vor der Ausbildung oder Berufswahl. Man kann dabei nicht nur die eigenen Stärken, Fähigkeiten und Wünsche ins Zentrum stellen. Man muss sich auch seine Grenzen bewusst machen und sie akzeptieren. Nur so lassen sich in der Ausbildung die Weichen richtig stellen. Für blinde und sehbehinderte Menschen kann das schwierig sein. Ihre Grenzen sind enger gesteckt. Während der Ausbildung ist es für sie entscheidend, die gleichen Informationen zu bekommen wie ihre sehenden Schulkolleginnen und -kollegen, um die gleichen Chancen zu haben.
Stellensuche mit Behinderung
Oft fehlt die Bereitschaft der Arbeitgeber, sich auf Menschen mit einer Beeinträchtigung einzulassen und ihnen ein Umfeld bereitzustellen, in welchem sie ihr Potenzial entfalten können. Ob angestellt oder selbstständig, für alle blinden und sehbehinderten Menschen gilt, dass sie neben einem starken Durchhaltevermögen auch Unterstützung und Glück brauchen.
Inklusion am Arbeitsplatz
Auch während ihrer Arbeit haben blinde und sehbehinderte Menschen mit besonderen Problemen zu kämpfen. Wer selbstständig ist, hat einen grösseren Aufwand, sich zu organisieren. Und wer angestellt ist, muss unter erschwerten Bedingungen die gleiche Leistung er bringen wie die Arbeitskollegen.
Die SBS – Schulmaterialien, Sachbücher und Literatur
Die SBS erweitert Wissen nicht nur mit Schulmaterialien und Sachbüchern, natürlich überträgt die SBS auch viele literarische Werke.
Michael Fehr

Michael Fehr ist 1982 in Bern zur Welt gekommen. Er besuchte das Gymnasium Muristalden in Bern und war dort in einem der ersten Jahrgänge, die eine musische Ausbildung wählen konnten.
Er studierte zuerst Rechtswissenschaft und Betriebswirtschaft, wechselte aber nach fünf Jahren an die Hochschule der Künste in Bern.
Heute arbeitet er als Schriftsteller und Musiker. Er hat mehrere Bücher veröffentlicht. Für seinen Roman »Simeliberg« erhielt er mehrere Auszeichnungen, unter anderem 2014 den Kelag-Preis im Rahmen des Ingeborg-Bachmann-Preises. Ab 2016 hat er sich vermehrt der Musik zugewandt und unter anderem das Blues-Album »Im Schwarm« veröffentlicht. In seinem aktuellen Projekt »super light« versucht er das Ritual des Storytellings mit der Spiritualität der Musik zu verschmelzen. Er bezeichnet sich selbst als eine Live-Persönlichkeit.
Michael Fehr ist seit Geburt sehbehindert. Er verfügt über einen Sehrest von etwa 5%.
Urs Rehmann

Urs Rehmann, 59 Jahre alt, ist im Fricktal geboren. Seine Schulzeit verbrachte er in Basel, Fribourg und Appenzell.
Nach seinem Theologiestudium in Fribourg arbeitete Urs Rehmann in der Kirche. Er übernahm verschiedene Aufgaben in der Seelsorge und Liturgie. Von 1997 bis 2018 leitete er die Blindenbibliothek in Landschlacht. Ende 2018 beschloss die Schweizerische Caritasaktion der Blinden als Trägerorganisation, die Blindenbibliothek Landschlacht zu schliessen. Mit der SBS wurde die Übernahme des Bücherbestands und des Personals vereinbart. Zuerst mit anderen Aufgaben betraut, konnte Urs Rehmann in der SBS Anfang 2020 die Leitung der Stabsstelle Personal und Qualitätsmanagement übernehmen.
Urs Rehmann kam mit einer starken Sehbehinderung zur Welt. Sein Sehvermögen verschlechterte sich kontinuierlich, bis er mit etwa zwanzig Jahren komplett blind war.
Andres Denzler

Seine Kindheit verbrachte Andres Denzler in Effretikon. Als er acht Jahre alt war, zog seine Familie nach Herrliberg, wo er die Schulen besuchte. Heute wohnt der 47-jährige in Zollikerberg.
Seit 1993 arbeitet er für die SAG Swiss Automotive Group, einen europaweit tätigen Händler für PKW- und Nutzfahrzeug-Ersatzteile. Als ausgebildeter kaufmännischer Angestellter ist er bei der SAG als Sachbearbeiter im Data-Management für die Kundenstammpflege tätig. Neben seiner 100%-Stelle engagiert sich Andres Denzler seit mehr als zwanzig Jahren als Kassier und Mitglied in der Regionalgruppe Zürich des Schweizerischen Blindenbundes.
Andres Denzler kam bereits mit einer starken Sehbehinderung zur Welt. Er hat noch einen Sehrest von etwa 3 Prozent, allerdings nur auf einem Auge.
SBS: Warum haben Sie sich für Ihre Ausbildung entschieden?
Andres Denzler (AD): Nach der fünften Klasse bin ich in die Regelschule und dann über die Realschule und ein Berufswahljahr in die Handelsschule gekommen. Bereits nach der Realschule sollte ich mir einen Bürojob suchen. Damals war dafür aber noch die Sekundarschule erforderlich. Daher habe ich es mit dem zehnten Schuljahr versucht.
Michael Fehr (MF): Das Studium hat mich aus sich herausgedrängt. Ich habe es nicht geschafft, obwohl ich in den Prüfungen eigentlich immer gut war. Ich wusste nicht genau, wie ich mir den Stoff beibringen kann und wie ich mit vielen Unterlagen gleichzeitig umgehen soll. Das war mit meiner Behinderung einfach nicht möglich. Im Studium kannte ich fast niemanden, ich war verloren und vereinsamte. Daher habe ich mich am Literaturinstitut in Biel beworben und dabei das erste Mal geschrieben.
Bekamen Sie während Ihrer Ausbildung Unterstützung, vielleicht auch von der SBS?
Urs Rehmann (UR): Ja, vor allem für das Lernen von Sprachen. Natürlich gab es damals relativ wenig Auswahl, und die Computerisierung war noch nicht so fortgeschritten. Daher war die SBS noch nicht so schnell wie heute. Ihr Aufwand war gigantisch, weil in der Produktion vieles von Hand gemacht werden musste. Was es an Schulmaterial von der SBS gab, habe ich bezogen. Heute ist die SBS viel weiter. Ich kann jederzeit online das gesamte Sortiment einsehen. Fehlt mir ein Buch, wird es auf meinen Wunsch hin in kürzester Zeit produziert.
AD: In der Schule und während meiner Ausbildung bekam ich von der SBS Bücher im Grossdruck.
MF: In der Primarschule habe ich immer diese massiv vergrösserten Ringhefte bekommen. Im Gymnasium war es dann schwieriger, weil die SBS damals noch zu langsam war. Ich bekam alles noch auf Kassetten. Man konnte auch noch nicht einfach online nachschauen, ob ein Buch in einer anderen Bibliothek verfügbar war.
Warum haben Sie es sich schwer gemacht? Sie hätten ja einen Beruf wählen können, bei dem Ihre Sehbehinderung eine weniger zentrale Rolle spielt. Ihre Berufswahl hat sicher viel Mut erfordert.
AD: Ja, das stimmt. Es gibt aber zum Glück immer mehr Hilfsmittel. Büroarbeit ist möglich, weil der PC mich unterstützt.
MF: Das habe ich mir nie überlegt. Das hat mich nicht interessiert. Mein Wesen ist ja nicht blind. Mein Körper ist behindert, aber mein Wesen will etwas tun in der Welt. Ich wollte immer kreativ sein. Das Kreative, Erfinderische, Schöpferische, sofern man das überhaupt von einem Menschen sagen kann, das liegt mir einfach.
UR: Arbeit sollte anspruchsvoll sein und zufrieden machen. Mich hat nicht primär die Herausforderung gereizt. Vielmehr wollte ich etwas tun, bei dem ich das Gefühl habe, dass ich meine Fähigkeiten einsetzen kann und sie auch zum Tragen kommen. Das zu erreichen kostet sehr viel Energie und bringt Grenzerfahrungen mit sich.
Wie ist Ihre Stellensuche damals verlaufen?
MF: Ich bin zur Berufsberatung gegangen. Wie ich dort gesprochen habe, hat den Berufsberater offenbar dazu animiert, mir das Literaturinstitut vorzuschlagen, um Schriftsteller zu werden. Ich dachte mir, ich habe das zwar noch nie gemacht, aber das kann ich. Geschichten haben mir schon immer Freude bereitet, und ich habe endlos Phantasie. Ich musste dann natürlich lernen, wie ich dem Schreiben eine künstlerische Gestalt verleihen kann.
UR: Ich hatte das Glück, immer von einer Stelle in die nächste zu rutschen. Ich musste nie suchen. Es hat sich eigentlich einfach immer irgendwie ergeben. Ich habe mich einmal um eine Stelle aktiv beworben, die ich dann aber wegen meiner Behinderung nicht bekommen habe.
AD: Ich habe etwa zwei- bis dreihundert erfolglose Bewerbungen geschrieben und zusätzlich noch herumtelefoniert.
Haben Sie bei Ihren Bewerbungen immer erwähnt, dass Sie sehbehindert sind?
AD: Ja. Ich bin der Meinung, man sollte mit offenen Karten spielen. Vielleicht hätte ich es nicht sagen sollen, aber dann wäre es bei der Vorstellung Thema geworden.
UR: Ja, das habe ich transparent gemacht. Und klar gesagt, dass es Möglichkeiten gibt, die Lücken zu füllen, die ich nicht abdecken kann. Ich habe also nicht nur gesagt, was nicht geht, sondern auch, wie man das lösen kann. Da ist mir bewusst geworden, wie viel Bereitschaft ein Arbeitgeber braucht, sich auf so eine Situation einzulassen. Häufig erwartet oder hofft ein Arbeitgeber, eine Stelle relativ einfach besetzen zu können, ohne Komplikationen. Für eine sehbehinderte Person muss er bereit sein, die Arbeit so anzupassen, dass deren Potenzial zum Tragen kommen kann.
Wie kann das verbessert werden?
UR: Vielleicht indem bereits der Ausbildungsort eine Anstellung über die Lehre hinaus anbietet. So könnte man relativ entspannt in einen Betrieb hineinwachsen.
Das würde von einem Lehrbetrieb zusätzlichen Aufwand verlangen.
UR: Ja, natürlich. Es braucht eine externe Begleitung. Ein Lehrbetrieb darf nicht allein gelassen werden. Wenn Fachleute mithelfen, wird es für den Betrieb einfacher.
AD: Ich habe 1993 ein Praktikum gesucht, um neben der Handelsschule Praxiserfahrung sammeln zu können. Das war dann gleich bei der Swiss Automotive Group. Ich war nie woanders. Eigentlich hiess es zuerst, sie würden keine Lehrlinge behalten, aber ein Vorgesetzter hat sich dann zu meinem Glück dafür eingesetzt, dass ich bleiben kann. Es ist generell nicht einfach, eine Anschlussstelle zu finden. Für einen behinderten Menschen ist das noch viel schwieriger. Ich hatte am Schluss nach vielen Bewerbungen nur noch zwei Varianten offen.
Gibt es viele Arbeitgeber, die ermöglichen, dass blinde oder sehbehinderte Menschen bei ihnen arbeiten können?
AD: Es gibt nicht besonders viele Firmen, die bereit sind, so etwas zu versuchen, auch wenn der Arbeitgeber nicht viel zur Verfügung stellen muss. Bei mir reicht ein PC oder ein Laptop, damit hat es sich. Die weiteren Hilfsmittel übernimmt die IV.
UR: Leider nicht. Es braucht einen zusätzlichen Effort des Arbeitgebers. Und es gibt jederzeit genug qualifizierte sehende Stellensuchende. Der Arbeitgeber muss bereit sein, die vorgegebenen Strukturen im Betrieb zu relativieren und anzupassen. Sonst haben sehbehinderte und blinde Menschen fast keine Chance. Es braucht Kontakte zu und Erfahrungen mit Menschen mit einer Beeinträchtigung. Darüber muss man nachdenken, wie man das fördern könnte, weil Arbeitgeber wegen Appellen allein nicht mehr Behinderte anstellen werden.
MF: Wenn du Künstler bist, hast du das gleiche Risiko wie Kunstschaffende ohne Behinderung. Was du bekommst, ist endlose Freiheit. Aber der Preis, den du zahlst, ist endlose Unsicherheit. Du siehst jeden Tag, dass alles, was du dir aufgebaut hast, plötzlich zerschellen kann. Es ist beruflich steinhart, das zu stemmen. Mit meiner Beeinträchtigung muss ich zudem viel mehr investieren als jene ohne Behinderung. Ich habe auch viel höhere Kosten, weil ich jemanden beschäftigen muss, der für mich arbeitet. Ich kann nicht alles selbst organisieren. Meine Managerin ist für mich eine unverzichtbare Organisatorin und Beraterin.
Sie sind durch Ihre Behinderung in Ihrer Berufswahl eingeschränkt. Fluglotse zum Beispiel können Sie nicht werden.
AD: Bei mir wäre es eher Lokomotivführer gewesen.
Werden die Einschränkungen durch Vorurteile noch grösser?
AD: Ja, bestimmt. Aber man kann nicht wirklich etwas dagegen unternehmen.
UR: Ich glaube, dass es viele Vorurteile gibt in Bezug auf die Anstellung von blinden Menschen. Die Themen Mobilität und Flexibilität sind schwierig. Es ist ja so, dass gewisse Vorstellungen auch stimmen. Daher ist es meiner Meinung nach wichtig, sich immer wieder bewusst zu machen, dass blinde Menschen genauso unterschiedlich sind wie Sehende. Deshalb gibt es auch kein Patentrezept für die Anstellung von Blinden und für das, was erforderlich ist, damit es hundertprozentig funktioniert.
Müssen Sie als sehbehinderter Mensch mehr leisten als Sehende mit dem gleichen Beruf? Oder gibt es einen Blindenbonus?
MF: Ja, ich muss mehr leisten, als jemand der sieht. Als Schriftsteller möchte ich Bilder schaffen, traumhafte und phantastische Bilder. Die Rückmeldungen bestätigen mir, dass das gelingt. Einen Bonus habe ich ganz bestimmt nicht. Unterstützungsgelder in der Covid-Situation konnte ich nur beziehen, da ich jemand hatte, der für mich die Formulare ausfüllte. Es interessierte niemanden, ob ich diese Formulare ausfüllen kann. Die Gesellschaft sollte stolz sein auf jemanden, der es selbst gepackt hat. Auf jemanden, der sich aus der Abhängigkeit von der IV mit seinen Händen und seinem Geist herausgearbeitet hat.
UR: Ich glaube, es gibt zwei Tendenzen. Manchmal braucht es grossen Einsatz, um die schwierigen Aspekte kompensieren zu können. Es gibt aber auch die Tendenz zur Heroisierung von blinden oder sehbehinderten Menschen, die sich erfolgreich engagieren.
AD: Es ist sicher vorteilhaft, wenn man sich Mühe gibt und versucht, alles möglichst gut zu machen. Sonst heisst es schnell einmal, so nützt es auch nichts, wenn man immer wieder nachkorrigieren muss. Aber es gibt Anforderungen, die wir einfach nicht erfüllen können.
Haben oder hatten Sie mit Vorurteilen seitens Kolleginnen und Kollegen zu kämpfen?
AD: Nein, das hatte ich nie. Ich hatte das Glück, dass ich gute Vorgesetzte hatte, die immer sehr verständnisvoll waren. Es hat nie geheissen, das musst du doch können. Es hiess immer, wenn es nicht geht, sag es, dann suchen wir eine Lösung. Es ist nicht selbstverständlich, dass ein Arbeitgeber so funktioniert.
UR: Am Anfang gibt es Berührungsängste. Man kann nicht einfach Blickkontakt aufnehmen. Das verunsichert vielleicht ein wenig. Sobald der Kontakt da ist, verschwinden die Irritationen.
Ist es für Sie persönlich und vielleicht auch für Ihre Akzeptanz in der Gesellschaft wichtig, dass Sie arbeiten können?
MF: Am Anfang war es das Allerwichtigste. Jetzt verlange ich Akzeptanz und bitte nicht darum. Ich glaube, je älter ich werde, desto mehr verlange ich Akzeptanz und finde es eigentlich schon vermessen, dass ich mir Akzeptanz immer wieder erarbeiten muss.
AD: Ja, das Gefühl habe ich. Mir persönlich verschafft die Arbeit eine Tagesstruktur, die sicher von Vorteil ist. Wenn andere sehen, was ich leiste, finden es viele nicht selbstverständlich, dass man als Blinder so viel leisten kann. Ich denke, die Akzeptanz ist dadurch sehr gross. Es hilft, dass ich gebraucht werde. Es gibt mir das Gefühl, dass meine Arbeit geschätzt wird. Das hilft auch über schwierige Zeiten hinweg.
UR: Mir ist bewusst, dass ich Glück habe und mir ist bewusst, dass nicht alles meine Leistung ist. Aber es brauchte auch meine Leistung mit viel Engagement, damit ich jetzt dort stehe, wo ich bin.
Gibt es Dinge, die Sie bei der Arbeit ärgern?
UR: Während meiner Arbeitswoche lebe ich in Zürich in einem Zimmer, also nicht bei meiner Familie. Daran muss man sich gewöhnen, es ist eine Herausforderung.
AD: Wenn die Leute zum Beispiel nicht begreifen, dass man mir keine Bilder schicken sollte, weil ich die nicht bearbeiten kann (lacht).
Es hat ja etwas, wenn Sie gar nicht als sehbehindert wahrgenommen werden?
AD: Ja (lacht). Manch mal heisst es, das habe ich ja gar nicht gewusst.
Sind die technischen Hilfsmittel für Sie ein Segen oder manchmal auch ein Fluch?
UR: Es gibt betriebswirtschaftliche Software, die nicht barrierefrei ist. Wenn ein Betrieb damit arbeitet, hat ein sehbehinderter Mitarbeiter mit seinen Hilfsmitteln praktisch keine Chance. Daher hat die ganze technologische Weiterentwicklung auch eine Kehrseite. Die Herausforderungen werden immer grösser. Alles wird schneller, die Informationsaufnahme und -verarbeitung. Und genau das ist unser Schwachpunkt. Wo Qualität zählt, können blinde und sehbehinderte Menschen gut mithalten. Wenn aber möglichst viele Informationen möglichst schnell aufgenommen, bewertet und verarbeitet werden müssen, sind Menschen mit Beeinträchtigung nie konkurrenzfähig.
AD: Wir sind im Betrieb kürzlich auf eine webbasierte Variante einer Planungssoftware umgestiegen. Da funktioniert einfach alles nicht mehr so, wie es sollte. Weil die Programmierer nicht auf Barrierefreiheit geachtet haben. Das ist mühsam, weil man merkt, dass man abhängig von anderen ist. Ich kann Arbeiten am PC nicht machen, wenn mir vieles nicht vorgelesen wird und wenn ich mit der Maus navigieren müsste.
Funktioniert Inklusion generell?
AD: Es gibt Bereiche, in denen sie funktioniert, im ÖV beispielsweise. Wenn man aber während der Stosszeit unterwegs ist, wird kaum mehr wahrgenommen, dass man Hilfe brauchen könnte. Bei Firmen funktioniert die Inklusion auch noch nicht überall. Es gibt vorbildliche Betriebe, die Menschen mit einer Beeinträchtigung einstellen. In den letzten Jahren hat sich schon etwas getan. Hoffen wir, dass es besser wird.
MF: Wenn es einer Gesellschaft gut geht und sie es sich leisten kann, alle zu integrieren, dann gelingt das. Aber sobald die Zeiten rauer werden, sobald es nicht mehr genug Futter gibt, mache ich mir keine Illusionen, dass ich weiterhin »mittransportiert« werde von einer hilfsbereiten Gesellschaft, die nur darauf gewartet hat, alle mitzutragen und alle auf die Arche zu bringen. Da es immer nur zwei in der Arche gibt, nimmt man am besten die Potentesten mit.
UR: Ich bin schon dankbar für die Sensibilisierung bezüglich Inklusion. Ich finde aber, nicht um jeden Preis. Ich denke zum Beispiel an Schülerinnen und Schüler in Regelklassen. Es darf nicht sein, dass die Inklusion zu grossem Stress führt. Das wäre nicht konstruktiv, sondern führt zu einer Überforderung. Dass man aber die Rahmenbedingungen so optimiert, dass Inklusion gelingen kann, finde ich ausgesprochen wichtig. Es braucht aber auch von mir als Behindertem das Verständnis dafür, dass nicht alles bis ins Extreme für mich adaptiert werden kann.
Leihen Sie Bücher bei der SBS aus?
MF: Seit ich denken kann, ja. Schon immer. Von dem Moment an, als ich eine Geschichte hören und Interesse daran entwickeln konnte, habe ich das Angebot der SBS genutzt. Das hat mir immer sehr viel bedeutet. Das allermeiste von dem, was mir auch später im Leben eine Unmenge gebracht hat, habe ich nur dank der SBS gehört: den Reichtum an künstlerischen, gestalteten Ausdrucksweisen.
AD: Ich habe früher bei der SBS Grossdruckbücher ausgeliehen. Sonst bin ich keine grosse Leseratte. Mir fehlt neben 100% Arbeit und meinen Hobbys die Zeit. Aber grundsätzlich finde ich sehr gut, dass es so einen Service gibt.
Welche Bücher lesen Sie gerne? Gibt es ein Buch, das Sie empfehlen können?
MF: Die Bücher oder Geschichten, die ich gerne auf eine einsame Insel mitnehmen würde, sind kleinere und grössere Abenteuer, die zeigen, wie hässlich miteinander umgegangen wird, aber auch wie liebevoll und prosperierend. Solche Extreme haben es mir angetan. Daniil Charms finde ich unglaublich schön. Möglichst kurze Sequenzen, kleine Storys, in welchen so viel Leid und so viel Licht mitgehen und mitschwingen dürfen. Krimiautoren wie Raymond Chandler würde ich auch mitnehmen. Ich finde es unglaublich, wie Autoren Gestalten entstehen lassen können. Handelnde Gestalten, die aufeinander losgehen oder einander wahnsinnig attraktiv finden. Das gefällt mir ungeheuer gut.
UR: Krimis und auch historische Romane lese ich mit Vergnügen. Es würde mir gerade schwerfallen, da ein Buch herauszupicken. Es gibt einfach so viele richtig gut geschriebene Krimis, vom Psychologischen her, und manchmal auch vom Philosophischen her. Ich finde es sehr schön, dass das Genre Krimi heute auch Komplexität und Tiefgang hat. Das ist durchaus mehr als nur seichte Unterhaltung.
Vero Stehlik, Martin Orgler
Braille-Wörterbuch
Mit Wortbergen und Sinnesorgien auf die Rigi
Seit über zehn Jahren setzt die SBS verstärkt auf Digitalisierung und Automatisierung ihrer Medienproduktion. Die ersten Meilensteine waren die Einführung einer xml-basierten Auszeichnungssprache und die Entwicklung von Software für die Produktion von Buchtiteln in unterschiedlichen Formaten (Braillebuch, Grossdruck und E-Book). Vor fünf Jahren wurde ein Braille-Wörterbuch eingeführt, es wird seither laufend verbessert. Dank sinkendem Korrekturaufwand produziert die SBS Bücher in noch kürzerer Zeit in guter Qualität.
Wozu braucht die SBS ein eigenes Wörterbuch?
Veröffentlichte Bücher setzt die SBS in barrierefreie Formate um, in Brailleschrift, Grossdruck und als E-Book. Dabei achtet sie darauf, Arbeitsschritte nicht unnötig zu wiederholen. Zunächst wird der Text als spezielle xml-Datei erfasst. Aus dieser werden die Formate dann weitgehend automatisch erzeugt.
Ein Brailleschriftformat ist die sogenannte Kurzschrift. Ähnlich wie Stenographie spart sie Zeichen ein – bis zu einem Drittel – und kann daher schneller gelesen werden. Umfangreiche Regeln ordnen einzelnen Zeichen oder Zeichengruppen je nach Position im Wort unterschiedliche Bedeutungen zu. Mit diesen Kürzungsregeln hat auch die automatisierte Braille-Übersetzungssoftware zu »kämpfen«. Erst durch eine clevere Wörterbuchunterstützung werden die Übersetzungen fehlerarm und qualitativ einwandfrei.
Vor fünf Jahren begann die SBS, die Produktionssoftware mit einem umfassenden Braille-Wörterbuch zu unterstützen. Dieses erweitert sich mit jeder Produktion quasi automatisch.
Durch den Einsatz des Braille-Wörterbuchs müssen auch unsere Korrektorinnen und Korrektoren seltener eingreifen. Deshalb kann bei einfachen Büchern oftmals auf eine Gesamtkorrektur verzichtet und nur das Braille-Wörterbuch eingesetzt werden. So sind die Braille-Ausgaben von Neuerscheinungen und Bestsellern für unsere Leserinnen und Leser noch schneller in verlässlich guter Qualität verfügbar. Das bedeutet zudem mehr Kapazität für komplexere Kundenwünsche wie Koch- oder Sachbücher.
Kennen Sie mehr Wörter als die SBS?
Das Braille-Wörterbuch ist eine riesige Datenbank mit zurzeit 1'470'875 Einträgen. Jeder Eintrag ordnet einem Wort seine korrekte Braille-Übersetzung zu. Jeweils zwei Personen überprüfen diese und segnen sie ab. Sämtliche Wörter eines Buches werden mit dem Braille-Wörterbuch abgeglichen, so dass nur die neuen, noch unbekannten überprüft werden müssen. In der Regel sind dies ein bis fünf Prozent der Wörter eines Buches. Dialektwörter, fremdsprachige Wörter, unübliche Eigennamen und Lautmalereien sowie Rechtschreibfehler erhöhen den Prozentsatz. Dieser wird immer geringer, da das Braille-Wörterbuch mit jedem Buch mehr Wörter abdeckt.
Die Benutzeroberfläche wurde jüngst überarbeitet und erheblich optimiert. Neu zeigt das System nun zu jedem Wort neben der Braille-Übersetzung auch alle möglichen Silben-Trennstellen an. Falls fehlerhaft, können diese direkt korrigiert werden.
Haben Sie herausgefunden, aus welchem Buch die Wörter am Anfang des Artikels1 stammen, die nun darauf warten, ins Braille-Wörterbuch aufgenommen zu werden? Ganz leicht ist das nicht. Oder sind Sie auf den Titel »Rigi« von Blanca Imboden gekommen?
Mischa Künzle, Petra Aldridge
Das Buch »Rigi« von Blanca Imboden wird als Braillebuch produziert. Ein Übertragungsspezialist überprüft die Braille-Übersetzungen sowie die Silbentrennung. Im Buch »Rigi« fanden sich 198 neue, noch nicht im Wörterbuch enthaltene Wörter.
Anmerkung:
Abrechnungs-dschungel, Lichtkugel-blödsinn, Miet-koch, Pan-flötist, Pinguin-flossen,
Schwarz-brauen-albatros, Sinnes-orgien, Sommer-abend-kino, Verzichts-hund, Wald-nelke,
Wort-berge, Wander-tipp, Zufalls-orakel (Diese Wörter finden
Sie nicht im Duden. Bei uns im Braille-Wörterbuch der
SBS hingegen schon.)
Spenden
Kräftige Unterstützung
Auf starke wie schweisstreibende Weise hat sich der Ruderclub Zürich während zwei Monaten für blinde und sehbehinderte Menschen engagiert – mit der Spendenaktion »Sweat for a Cause« zugunsten der SBS.
Jeden Mittwochabend schwitzen aktive und ehemalige Mitglieder des Ruderclubs Zürich beim gemeinsamen Kraft- und Konditionstraining. Dabei verbinden sie den Sport mit Spendenaktionen, dieses Mal für die SBS. Als Spendenzweck wählten sie die Produktion von Musiknoten für blinde und sehbehinderte Menschen.
Der Initiator Christian Waloszek freut sich sehr, dass er seine Sportkollegen und Freunde mit seinem Onlinetrainingsprogramm in der Pandemiezeit weiterhin für Sport motivieren konnte. Ebenso sehr begeistert ihn ihre grosszügige Spendenbereitschaft. Er erklärt, wie es zu dieser Aktion kam: »Beruflich beschäftige ich mich intensiv mit jungen, innovativen Unternehmen, die einen positiven Beitrag für Gesellschaft und Umwelt leisten wollen. Auch privat liegt mir dies sehr am Herzen – besonders jene Menschen, die es schwerer als andere haben. Die SBS mit ihrer nachhaltigen Wirkung für blinde und sehbehinderte Menschen finde ich beeindruckend.«
Wir danken dem Ruderclub Zürich herzlich für diese tolle Spendenaktion!
Möchten auch Sie sich mit einer Spendenaktion engagieren?
Inspiration und Anleitung finden Sie unter dem Link: meine-spendenaktion.sbs.ch
Einfach spenden, einfach online!
Dieses Jahr werden die QR-Einzahlungsscheine eingeführt. Spenden wird damit noch einfacher. Am praktischsten und effizientesten ist dabei ein Dauerauftrag.
Sie haben es sicher bereits erfahren: Neue QR-Einzahlungsscheine lösen die bisherigen orangen und roten Einzahlungsscheine ab. Damit wird Spenden noch einfacher, da beim Online-Banking lediglich der QR-Code eingescannt werden muss. Und auch die Einzahlung am Post- oder Bankschalter ist weiterhin möglich. Mehr Informationen zum neuen QR-Code finden Sie auf der Rückseite des Einzahlungsscheins.
Bitte überprüfen Sie jetzt Ihren Dauerauftrag!
Bitte prüfen und aktualisieren Sie Ihre laufenden Daueraufträge – am besten mit dem dieser dialog-Ausgabe beiliegenden QR-Einzahlungsschein in Ihrem Online-Banking, am Post- oder Bankschalter.
Regelmässige Spenden per Dauerauftrag – zum Beispiel monatlich oder jährlich – bedeuten für die SBS den geringsten Verwaltungsaufwand. Es ist der einfachste und wirkungsvollste Weg zugunsten blinder, seh- und lesebehinderter Menschen zu spenden.
Regelmässig spenden ist natürlich auch via Website möglich: sbs.ch/dauerauftrag
Jede Spende wirkt! Wir danken Ihnen herzlich für Ihr Engagement.
Buchpatenschaft
Möchten Sie Gotte oder Götti für Bücher werden?
Liebe Leserin,
lieber Leser
Sie lieben Bücher? Sie möchten, dass auch blinde, seh- und lesebehinderte Menschen Ihr Lieblingsbuch lesen können? Mit einer Buchpatenschaft ermöglichen Sie das ganz direkt.
Für Leseratten, wie Sie es vermutlich sind, und wir auch, ist es beinahe unvorstellbar, nicht mehr lesen zu können. Weiterbildung mit einem interessanten Sachbuch, Anregung und Unterhaltung mit einem spannenden Roman, immer wieder eintauchen in eine andere Welt, das gehört zu unseren täglichen Selbstverständlichkeiten.
Blinde, seh- und lesebehinderte Menschen sind sehr auf das Sortiment der SBS angewiesen. Wir setzen uns deshalb mit aller Kraft dafür ein, ihnen so viele Bücher wie möglich zugänglich zu machen. Momentan können wir leider nur rund fünf Prozent aller Neuerscheinungen übertragen.
Sie können direkt zu einer Steigerung dieser Rate beitragen. Mit 4000 Franken für eine Buchpatenschaft finanzieren Sie die anspruchsvolle Übertragung eines Buches in Blindenschrift oder Grossdruck oder auch die aufwändige Produktion eines Hörbuches – samt Erwähnung Ihres Engagements, wenn Sie das wünschen.
Kontaktieren Sie uns und ermöglichen Sie grosse Lesefreude, in dem Sie Buchgotte oder Buchgötti werden!
Herzlich
Othmar Bamert
Verantwortlicher Partnerschaften
Telefon 043 333 32 32
043 333 32 32
E-Mail spenden@sbs.ch
Der Weg zu Ihrem Patenbuch
Sie schlagen uns ein Buch, zum Beispiel Ihr Lieblingsbuch, vor oder lassen sich von unseren Vorschlägen auf unserer Website oder auf Facebook inspirieren: facebook.com/sbs.schweiz
Sie engagieren sich mit 4000 Franken für die Produktion eines Buches Ihrer Wahl.
Wir produzieren Ihr Buch für unsere Nutzerinnen und Nutzer mit Erwähnung Ihres Engagements, wenn Sie dies wünschen.
Weitere Infos auf unserer Website: sbs.ch/buchpatenschaft
>Diese Bücher konnten wir dank Patenschaften als Hörbuch oder Braillebuch realisieren
Hörbuch ermöglicht von Heidi Nisslé
Tsitsi Dangarembga: Überleben
Die Autorin geht in diesem spannenden und psychologisch aufgeladenen Roman der Frage nach, was es heisst, in einer postkolonialen Gesellschaft als schwarze, gebildete Frau in einem Land zu überleben, das jede Hoffnung verloren hat und das politisch und wirtschaftlich am Boden liegt. Die 1959 in Simbabwe geborene Tsitsi Dangarembga gilt als eine der wichtigsten Stimmen Afrikas.
Es liest: Isabelle Menke
Hörbuch ermöglicht von einer Spenderin
Verena Naegele, Sibylle Ehrismann: Komponieren, trotz allem
Martha von Castelberg (1892 – 1971) war die Tochter des Zürcher Bankiers Eduard von Orelli. Sie komponierte und musizierte ihr ganzes Leben lang, durfte ihre Begabung aber nicht zum Beruf machen. Im Nachlass der Familie von Castelberg haben Sibylle Ehrismann und Verena Naegele dem Leben und Werk dieser interessanten Schattenfigur nachgespürt.
Es liest: Sabine Trieloff
Hörbuch ermöglicht von Christina und Peter Fuchs
Thomas Duarte: Was der Fall ist
Ein Mann erscheint mitten in der Nacht auf einem Polizeiposten und erzählt, wie sein bislang eintöniges Leben aus den Fugen geraten ist. In seinem wahnwitzigen Bericht, dessen Charme und Menschlichkeit aber selbst den Polizisten nicht kaltlassen, entsteht das Portrait eines modernen Antihelden. Thomas Duartes Debutroman ist ein skurriles Erzählfeuerwerk.
Es liest: Jonas Rüegg
Hörbuch ermöglicht von Christina und Peter Fuchs
Vincent O. Carter: Meine weisse Stadt und ich
1944/45 hatte er als einer der umjubelten GIs Europa befreit. Als er Jahre später wiederkommt, will man ihm nicht mal ein Zimmer vermieten. Mit unzerstörbarem Humor und hartnäckigem Engagement geht der Autor dem Rassismus auf den Grund, der Verschiedenheit der Menschen. Und ganz nebenbei zeichnet er ein scharf beobachtetes Porträt seiner Zeit, seiner Gesellschaft und seiner Stadt.
Es liest: Nicolas Rosat
Hörbuch, E-Book, Braille- und Grossdruck-Buch ermöglicht von einer Stiftung
Gabi Fastner: Aktiv und beweglich mit 60+
Unser Körper ist ein Minimalist! Alles, was wir uns mit der Zeit nicht mehr zutrauen und nicht mehr tun, tun wir nie mehr! Wer möchte sich dadurch immer weiter einschränken und so die Lust am aktiven Leben verlieren? Sicher niemand! Die bekannte Gymnastiklehrerin Gabi Fastner präsentiert Übungen und Bewegungstipps für den Alltag der Generation 60+.
Es liest: Isabel Schaerer
5 Fragen an Heidi Nisslé, Buchpatin

Heidi Nisslé ist eine »Wiederholungstäterin«. Die in Zürich wohnhafte Baslerin übernimmt bereits zum zweiten Mal eine Patenschaft für ein SBS-Hörbuch.
Frau Nisslé, weshalb unterstützen Sie die SBS?
Bücher sind – neben dem Reisen – ein Lebenselixier für mich. Wenn ich wegen eines gesundheitlichen Problems nicht mehr lesen könnte, wäre ich wohl eine ungeniessbare Erdenbürgerin. Blinde und Sehbehinderte sollen die gleichen Chancen haben, sich in der Welt der Bücher zu bewegen. Deshalb finde ich so toll, was die SBS macht, und unterstütze dies gerne ganz direkt.
Wie kam es zu diesen Buchpatenschaften?
Die Covidpandemie machte grössere Reisen in den beiden vergangenen Jahren unmöglich. Mein Reisebudget blieb praktisch unangetastet (lacht). Inspiriert von einem Film über blinde Menschen, entschied ich mich, das Geld zum Nutzen von blinden und sehbehinderten Menschen einzusetzen. Und zwar ganz direkt via Patenschaften für Hörbücher für Blinde und Sehbehinderte. Ich spende gerne zweckgebunden. So weiss ich genau, was meine Spende bewirkt. Inzwischen habe ich eine gute Freundin ebenfalls für die Übernahme einer Buchpatenschaft begeistern können.
Welche Bücher lesen Sie besonders gerne?
Belletristik, Biografien, für die Planung von Reisen Autoren der jeweiligen Länder, Werke über Land, Leute und Geschichte der Destinationen. Unterwegs im ÖV darf es gerne auch ein guter Krimi sein.
Was wünschen Sie blinden und sehbehinderten Menschen?
Dass sie vom Angebot der SBS erfahren oder es bereits kennen, regen Gebrauch davon machen und von einer breitgefächerten Auswahl an Büchern profitieren dürfen. So helfe ich ihnen wenigstens ein bisschen, die reiche Welt der Literatur geniessen zu können.
Was wünschen Sie der SBS?
Natürlich viele Buchpatinnen und Buchpaten sowie Unterstützerinnen und Unterstützer, damit die SBS ihr breites Sortiment für ihre blinde und sehbehinderte Kundschaft jeden Alters stetig erweitern kann.
Othmar Bamert
Who's Who

Rolande Emery – Koordinatorin Dachorganisation
Deine Aufgabe in der Blindenbibliothek?
Sehr vielfältig: einerseits Kontakt und Koordination mit unseren Partnerbibliotheken in der französischen und italienischen Schweiz, andererseits Arbeit mit Zahlen für Statistiken und Berichte.
Deine Motivation, für die SBS zu arbeiten?
Etwas Nützliches tun und das Vergnügen haben, mit Kolleginnen und Kollegen aus der lateinischen Schweiz in meiner Muttersprache Französisch zusammenzuarbeiten.
Welche Eigenschaften schätzt du bei deinen Kolleginnen und Kollegen am meisten?
Hilfsbereitschaft und Herzlichkeit.
Und welches ist deine wichtigste Eigenschaft?
Teamfähigkeit und Zuverlässigkeit.
Brauchst du Bücher, um glücklich zu sein?
Nein, aber zum Träumen schon!
In welcher Form geniesst du Literatur und wie häufig?
Mein »Kindle« ist mein treuer Begleiter, im Bus, Zug und in den Ferien.
Welches Buch hat dich besonders geprägt – und warum?
»Der englische Patient« von Michael Ondaatje. Der Roman vereint Hingabe und Liebe zwischen Menschen unterschiedlicher Kulturen, eine zerbombte Region und einen Patienten, dessen Herkunft unbekannt ist.
Welches Buch hast du zuletzt gelesen – und warum?
»Letzte Nacht«. Die Autorin Catherine McKenzie beschreibt die Charaktere mit viel Tiefe und zeigt anhand eines unerwarteten tragischen Unfalls, welche Tragweite unsere Entscheide haben.
Welches Buch würdest du selbst gerne schreiben?
Keines. Ich ziehe das Lesen dem Schreiben vor.
Du kannst uns drei Bücher ans Herz legen:
»Unit 8200« von Dov Alfon; »Kriegslicht« von Michael Ondaatje; »Ein ganzes halbes Jahr« von Jojo Moyes
Deine Lieblingsbeschäftigung neben der Literatur?
Antike Möbel, Flohmärkte, Reisen
Dein liebstes Reiseziel?
Zwischen Estland und dem Südwesten Frankreichs kann ich mich nicht entscheiden.
Dein nächstes Ziel in der SBS?
Die gute Zusammenarbeit mit den Partnerbibliotheken fortsetzen und noch besser machen.
Dein Lebensmotto?
Um klar zu sehen, reicht oft ein Wechsel der Blickrichtung.
In fünf Sätzen:
Aufgewachsen in einer Winzerfamilie im Wallis. Mit 22 Jahren nach Zürich gezogen. Lang jährige Tätigkeit bei Pro Helvetia. Aufenthalte in den USA, Arbeit in der Bibliothek der Deutschen Schule in Washington. Seit 15 Jahren bei der SBS.
SBS Märchenbücher
Spendenaktion der SBS: Die Grimm-Märchenbücher
Wären die Geisslein informiert gewesen ...
Im Märchen »Der Wolf und die sieben jungen Geisslein« lassen sich die sieben Geisslein vom Wolf durch falsche Informationen täuschen. Der Wolf gaukelt ihnen vor, ihre Mutter zu sein – zuerst mit verstellter Stimme, dann mit seiner in Mehl getunkten Pfote. Im Märchen wären also richtige Informationen überlebenswichtig gewesen. Blinde, seh- und lesebehinderte Menschen haben dank der SBS die Möglichkeit, an wichtige und richtige Informationen zu gelangen.
Bereits zum 63. Mal veröffentlicht die SBS ein Märchen der Gebrüder Grimm, dieses Jahr letztmals mit den farbenfrohen Bildern von Herbert Leupin. Die Büchlein dieser Reihe sind einerseits beliebte Sammelobjekte. Andererseits ist diese jährliche Spendenaktion ein wichtiges Standbein der Finanzierung der Arbeit der SBS.
Das Märchenbuch »Der Wolf und die sieben jungen Geisslein« erscheint im August 2022. Sammeln Sie die seit 1960 jährlich herausgegebenen Kostbarkeiten? Einige Titel aus früheren Jahren können wir noch nachliefern:
- 2014 Der gestiefelte Kater
- 2018 Das tapfere Schneiderlein
- 2019 Dornröschen
- 2020 Tischlein deck dich
- 2021 Hänsel und Gretel
Ihre Bestellung nehmen wir gerne telefonisch entgegen: 043 333 32 32 043 333 32 32. Oder online unter: sbs.ch/spenden-unterstuetzen/geschenkideen/maerchenbuecher
Wir danken herzlich für Ihre Unterstützung.
Tag der offenen Tür 2022
Die Suche nach dem SBS-Bücherschatz
EINLADUNG ZUM
TAG DER OFFENEN TÜR
25. JUNI 2022
9.00-16.00 UHR
Schweizerische Bibliothek
SBS Schweizerische Bibliothek
für Blinde, Seh- und Lesebehinderte
Grubenstrasse 12
8045 Zürich
www.sbs.ch/offenetuer
Impressum
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dialog Nr. 40 April 2022
dialog, das Magazin der SBS Schweizerische Bibliothek für Blinde, Seh- und Lesebehinderte
Redaktionsleitung und Produktion: Martin Orgler, www.sbs.ch
Textredaktion und Beratung: trieloff kommunikation, www.trieloff.ch
Grafik Design und Layout / Illustrationen: JoosWolfangel, www.jooswolfangel.ch
Titelbild / weitere Fotos: Matthias Auer, www.auerfoto.ch; Monika Palmy (Foto:
Heidi Nisslé)
© SBS 2022
Verlag: SBS Schweizerische Bibliothek für Blinde, Seh- und
Lesebehinderte
Grubenstrasse 12,
CH-8045 Zürich,
Telefon 043 333 32 32
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www.sbs.ch,
E-Mail: spenden@sbs.ch
Spendenkonto: 80-1514-1
IBAN: CH74.0900.0000.8000.1514.1
Der dialog ist für blinde, seh- und lesebehinderte Menschen auch in geeigneter Form erhältlich. Auskunft über Telefon 043 333 32 32 043 333 32 32 oder nutzerservice@sbs.ch
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