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«dialog» 42 April 2023

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dialog Nr. 42, April 2023

SBS-Interview. Martina Talamona wanderte mit ihrem Ehemann Martin, ohne den Weg sehen zu können, über die Alpen nach Triest.

Online-Player. Bis die Kundinnen und Kunden der SBS mit unserem Online-Player eine neue Möglichkeit erhielten, Bücher zu geniessen, galt es viele Probleme zu lösen.

Editorial

Grenzerfahrungen

Erinnern Sie sich an Ihr erstes Buch, das Sie gelesen haben? Bei mir war das »Osti, der kleine Hase«. Ich habe es von meinem Grossmami zu Ostern geschenkt bekommen und sogleich konzentriert und angestrengt Wort für Wort, Zeile für Zeile selbstständig gelesen. Noch sehr genau kann ich mich erinnern, mit welchem Stolz ich meinem Grossmami verkündet habe, dass ich das ganze Buch geschafft habe. Ich muss damals fünf oder sechs Jahre alt gewesen sein. Was für eine Herausforderung!

Klar, aus heutiger Sicht sind die 30 Textzeilen, verteilt auf sechs Seiten, ein Klacks. Aber damals ging ich an die Grenzen meiner Lesefähigkeit – und löste damit wohl auch meine anhaltende Freude am und die Lust aufs Lesen aus!

Grenzerfahrungen machen täglich viele Menschen, darüber wollen wir Ihnen in dieser dialog-Ausgabe berichten. Martina Talamona musste mehr als einmal ihre Grenzen erfahren und überwinden, hat sich dabei aber nicht unterkriegen lassen und kam jedes Mal gestärkt aus der Situation heraus. Mit ihrem Mann unternahm sie trotz bescheidenem Sehvermögen von knapp fünf Prozent eine herausfordernde Fernwanderung quer durch die Alpen.

Auch SBS-Stiftungsrat Mario Kämpfen wird seinem Nachnamen gerecht. Er hat die Herausforderung angenommen, an der von ihm selbst initiierten Laufstafette »Aktion Wiitblick« mitzulaufen. Mit dieser tollen Spendenaktion will er die Bevölkerung für die Bedürfnisse sehbeeinträchtigter Menschen sensibilisieren.

Weiter zeigen wir Ihnen auf, dass auch wir in der SBS bei der Bücherproduktion immer wieder an Grenzen stossen: Auf Seite ... tauschen sich Aufnahmeleiterinnen und Sprecher darüber aus, mit welchen Herausforderungen sie bei der Aufsprache des 900-seitigen Romans »Witz« von Joshua Cohen zu kämpfen hatten. In unserer Rubrik »Who is who« auf Seite ... gibt uns Erika Erdem aus dem Bereich Versand/Magazin den Rat, sich nicht von Hindernissen aufhalten zu lassen. Und dass auch Projektleiter Michi Zaugg bei der Entwicklung des Online-Players immer wieder an Grenzen stiess, erfahren Sie auf Seite ....

So manche Herausforderung lässt sich nur mit Hilfe Dritter bewältigen. Wer ein herkömmliches Buch aufgrund einer Seheinschränkung nicht lesen kann, benötigt ein alternatives Buchformat. Dank Ihrer grosszügigen Unterstützung als Spenderin, als Spender können wir geeignete Formate produzieren und zur Verfügung stellen – auch wenn wir dafür an die Grenzen des Möglichen gehen müssen.

Ihre treue Hilfe und die ermutigenden Erlebnisberichte unserer Kundinnen und Kunden erfüllen uns mit Dankbarkeit und motivieren täglich, uns den Herausforderungen zu stellen.

Herzlich

Ihr Daniel Kunz,
Stv. Geschäftsführer SBS

SBS-Interview

Grenzerfahrungen

Ein Mitarbeiter machte mich auf einen Artikel aufmerksam, der beschreibt, wie eine stark sehbehinderte Frau gemeinsam mit ihrem Mann eine Fernwanderung über die Alpen, von Rorschach nach Triest, unternommen hat. Ich konnte das kaum glauben und wollte die beiden unbedingt zu ihrer Wanderung befragen. So traf ich auf Martina und Martin Talamona. Was ich nicht erwartete: Ihre spannende Geschichte geht weit über die Wanderung hinaus.

Martina Talamona
Martina Talamona

Frau Talamona, wann bemerkten Sie erste Einschränkungen Ihrer Sehfähigkeit?

Martina: 2016 bemerkte ich, dass ich am Computer Schwierigkeiten hatte. Ich dachte, vermutlich haben sich die Augen altersbedingt verändert. Als der Optiker aber nur auf 60% korrigieren konnte, ging ich zum Augenarzt, dann in die Uniklinik in Zürich und erhielt im März 2017 die Diagnose Morbus Stargardt, eine fortschreitende, genetisch bedingte Erkrankung, die sich sehr schnell, aber auch sehr langsam entwickeln kann. Ich hoffte, vielleicht geht es bei mir langsam, vielleicht erlebe ich das Endstadium gar nicht. Innerhalb von zwölf Monaten hatte ich aber den grössten Teil meiner Sehfähigkeit verloren und nur noch einen Sehrest von fünf Prozent. Heute sind es zwei Prozent.

Können Sie beschreiben, wie Sie sehen?

Martina: Der zentrale Bereich der Netzhaut ist beschädigt, nur am Rand habe ich noch funktionierende Sinneszellen. Wenn ich Sie ansehe, sehe ich Sie schemenhaft und den Kopf überhaupt nicht. Ihr schwarzes Oberteil bildet einen Kontrast zum Hintergrund. So kann ich mir vorstellen, wo die Schultern sind, wo das Gesicht ist, und ich kann Blickkontakt suchen und halten. Das klappt wahrscheinlich nicht immer so gut. Je nachdem, wie ich schaue, zum Beispiel ein wenig an Ihnen vorbei, bekomme ich langsam ein recht vollständiges Bild, einfach unscharf.

Martin: Beim Wandern ist eines der grössten Risiken, dass Martinas Gehirn Dinge ergänzt, die es nicht gibt oder die nicht real sind. Wenn ein Wanderweg plötzlich abfällt, ist es gefährlich, wenn das Gehirn sagt, es gehe flach weiter. Sie kann dem Bild, das sie sieht, nicht trauen.

Martina: Am Anfang war eine Fläche wie ausradiert. Mein Gehirn füllt nun diese Fläche. Wenn ich zu Ihnen schaue, ist dort, wo der Kopf ist, einfach Hintergrund. Es sieht für mich aber nicht so aus, als würde etwas fehlen. Der Sehverlust kam schubweise. Zuerst bemerkte ich, dass Velofahren nicht mehr geht, später, dass ich im Kühlschrank nichts mehr erkenne. Das Schlimmste war, als Gesichter verschwanden. Ich hätte weinen können, als ich Martin ansah und sein Gesicht nicht mehr da war und ich auch mich nicht mehr im Spiegel sah. Ich komme sonst gut zurecht, aber das ist echt schwer.

Martin: Bei der Arbeit oder am Familientisch mit vielen Leuten merkt man es gut. Es passiert ja häufig, dass man jemanden ansieht und die Person dann weiss, jetzt bin ich gemeint. Martina hat kaum eine Chance, an so einer Konversation teilzunehmen.

Martina: In solchen Situationen fühle ich mich ein wenig ausgeschlossen. Schwierig auch, wenn es plötzlich ruhig wird und keiner etwas sagt – bin ich gemeint? Sieht mich gerade jemand an?

Herr Talamona, wussten Sie nach der Diagnose, da kommt nun auch etwas auf Sie zu?

Martin: Dass Martina fast nichts sieht, macht mir das Leben nicht schwerer. Das hat natürlich damit zu tun, wie sie damit umgeht. Es war zu Beginn ambivalent, weil es zwar etwas Neues und daher spannend war, aber vor allem schlimm zu beobachten war, was es mit Martina machte.

Martina: Der Sehverlust kam gleichzeitig mit einem Burnout. Als ich die Diagnose erhielt, war ich im Job gerade sehr gefordert. Diese Erkrankung tritt in der Regel im Kindes- oder Jugendalter auf. Dass eine Erwachsene daran erkrankt, ist sehr ungewöhnlich. Ich finde interessant, dass der Sehverlust gerade in dieser Zeit anfing.

Gab es einen Zusammenhang mit dem Burnout?

Martina: Es bedingte sich wahrscheinlich gegenseitig. Ich hatte Angst, dass ich nie mehr arbeiten kann, wenn meine Sehfähigkeit nicht mehr ausreicht. Ich war verzweifelt. Das Leistungsniveau zu halten, war mit meinen schlechter werdenden Augen sehr anstrengend. Ich wurde immer langsamer. Um dies zu kompensieren, arbeitete ich fast rund um die Uhr. Rückblickend eigentlich verrückt.

Würden Sie heute etwas anders machen?

Martina: Als ich die Diagnose erhielt, rechnete niemand damit, dass der Sehverlust so schnell geht. Die Ärzte sagten mir, ich solle in einem Jahr wiederkommen. Als ich sehr schnell immer schlechter sah, wusste ich nicht, wie ich damit umgehen soll. Ich ging zu einer Beratungsstelle der Retina Suisse. Die Beraterin warnte mich vor einem Burnout. Ich wäre nicht die erste, der das passiert. Ich glaube, wenn ich früh genug verstanden hätte, dass ich meine Arbeit trotz Sehverlust weiter machen kann, wäre ich anders damit umgegangen.

Wie war das für Sie, Herr Talamona?

Martin: Es beschäftigte mich sehr, weil ich es kommen sah, mich aber hilf- und machtlos fühlte. Ich versuchte, sie bei der Arbeit zu unterstützen, im Wissen, dass das völlig kontraproduktiv ist. Aber ich sah keine andere Möglichkeit, ihr zu helfen. Ihr Job war ihr zu wichtig und von Hilfsmitteln wollte sie noch nichts wissen.

Martina: Ich war so müde, so überfordert, so gestresst. Alles, was mir Martin zeigen wollte, kostete Zeit, und die hatte ich nicht. Erst nachdem ich mich vom Burnout erholt und wieder Energie hatte, konnte ich anfangen, mich mit meinen Augen auseinanderzusetzen. Dann fing das Lernen an: Welche Möglichkeiten gibt es, welche Hilfsmittel, welche Strategien?

War die SBS eine Hilfe für Sie?

Martina: Ja, sehr. Meine Eltern leiteten über 40 Jahre lang eine Bücherei. Ich wuchs mit Büchern auf. Nicht mehr lesen zu können, war für mich die Höchststrafe. Mit den Hörbüchern kann ich nach wie vor lesen, und das Schöne ist: Es liest mir jemand vor. Es ist ein Stück Normalität, aber auch Ablenkung, eine Auszeit vom Alltag.

Martin: Als ich Martina kennen lernte, hörte sie schon Hörbücher, wenn sie zum Beispiel während der Hausarbeit nicht lesen konnte. Bücher waren schon immer wichtig.

Martina: Es ist für mich Lebensqualität, Bücher hören zu dürfen, und ich finde es grossartig, dass es so etwas gibt. Ich finde auch die vielen Neuerscheinungen faszinierend. Wenn ich Bücher ausleihe, gehe ich auf »Neue Bücher« und höre einfach mal durch. Ich finde das erstaunlich: Permanent wird für Nachschub gesorgt.

Können Sie uns ein Buch empfehlen?

Martina: Ja, eines meiner Lieblingsbücher: »Was man von hier aus sehen kann« von Marianne Leki. Das ist ein wunderschönes Buch, märchenhaft, tiefgründig, klug, sehr schön geschrieben, sehr schön erzählt und auch toll vorgelesen.

Veränderte sich Ihre Beziehung durch Burnout und Verlust der Sehkraft?

Martina: Das belastete unsere Beziehung sehr. Die Vorstellung, von jemandem abhängig zu sein, konnte ich kaum aushalten. Das motivierte mich und trug dazu bei, dass ich heute das Meiste wieder selbst kann.

Martin: Es stellte unsere Beziehung für eine lange Zeit auf eine harte Belastungsprobe. Es hatte nicht direkt mit der Sehbehinderung zu tun, sondern mit dem psychischen Zustand, zu dem auch die Sehbehinderung beigetragen hat.

Martina: Während des Burnouts hatte ich die Aufmerksamkeitsspanne eines Goldfisches. Da ging nichts mehr. Von mir, von meiner Persönlichkeit war nicht mehr viel da. Das muss eine Beziehung erst mal aushalten. Ich bin sehr froh, dass wir das überstanden haben.

War die Wanderung eine Art Therapie?

Martina: 2020 bekam ich die Chance, wieder in meinem früheren Unternehmen in meiner früheren Funktion einzusteigen. Das war nicht einfach. Wie komme ich mit der IT klar? Wie erkenne ich, wer mich anspricht? Wie führe ich Gespräche? Wie mache ich mir Notizen? Neben allen anderen Aufgaben war ich sehr mit solchen Fragen beschäftigt. Daher war ich gefordert. Aber ich schaffte es. Ich merkte allerdings, dass ich mich verändert hatte und mich auch beruflich verändern wollte. Das war ein Grund für die Wanderung. Ich wollte mir Zeit nehmen, zu überlegen, was ich zukünftig machen möchte. Der zweite Grund war, dass ich mit Martin Zeit verbringen wollte.

War die Wanderung Mut oder Übermut?

Martin: Übermut war es nicht. Wir machten uns vorher viele Gedanken. Das muss man, wenn man drei Monate unterwegs sein will. Es war auf jeden Fall in vielen Belangen mutig.

Martina: Vieles war unklar. Was kommt auf uns zu? Was macht das mit unserer Beziehung, wenn wir drei Monate lang jede Laune voneinander mitbekommen? Wie steht es um unsere Leistungsfähigkeit? Werden wir krank? Verletzen wir uns? Es gab viele Unbekannte. Ja, wir brauchten Mut.

Sie hätten es sich einfacher machen können. Man muss nicht zwingend die Alpen überqueren, um ans Meer zu kommen.

Martina: (lacht) Wir wandern einfach gerne in den Bergen. Man könnte denken, dass es im Flachen einfacher ist, wenn man nicht gut sieht. Als wir am Bodensee entlangliefen, war das ein Alptraum für mich. Ständig kamen uns Velos entgegen, die ich nicht höre. Da war ich gestresst. Wenn ich durch Zürich laufe, brauche ich den Blindenstock. In den Bergen brauche ich keinen. Wir laufen gemächlich, es gibt nur wenige Menschen und keinen Verkehr.

Haben Sie bei der Routenplanung versucht, die steilsten und schmalsten Bergwege zu meiden?

Martin: Nein, im Gegenteil. Ich kenne Martina. Wenn es zwei Varianten gibt, und ich sage, links ist der leichte und rechts der schwere Weg, dann biegt sie sowieso rechts ab. Einfluss auf die Planung hatte jedoch die Länge der Etappen. Wandern ist für Martina ungleich anstrengender. Sie ist mit ihrer Restsehfähigkeit unterwegs. Das ist sehr anstrengend und dadurch auch gefährlicher, je länger die Wanderung dauert. Wir hatten Etappen, auf denen es nass war, das machte ihr sehr zu schaffen. Den Weg sieht sie nicht, und nasse Steine und Wurzeln sind gefährlich. Da müssen wir uns Zeit lassen. Also berücksichtigte ich, dass bei schlechtem Wetter eine Wanderung schnell acht statt fünf Stunden dauern kann.

Herr Talamona, haben Sie überlegt, was passiert, wenn Sie stolpern?

Martin: Das klingt vielleicht seltsam, aber ich bin mir sicher, dass mir Martina genauso gut helfen kann wie andere auch. Sie würde das irgendwie schaffen. Es gab beim Wandern Situationen, in denen ich keine Lust mehr hatte, nicht mehr konnte. Dann übernahm sie den Lead.

Was bleibt Ihnen als besonders schönes Erlebnis in Erinnerung?

Martina: Im Wandertempo hatte ich Zeit, meinen Weg zu finden und die Veränderungen mit allen Sinnen zu erleben. Wir starteten in der Schweiz, wanderten durch Deutschland, Österreich, Südtirol und Venetien ins Friaul. Schritt für Schritt veränderte sich die Landschaft, die Sprache, was es zum Frühstück gab. Das war sehr beeindruckend und schön. Eindrücklich war auch, dass es sich natürlich anfühlte, jeden Tag zu wandern. Das hat uns beiden gut getan und wir wurden immer fitter.

Martin: (lacht) Martina meinte, dass es nur über zwei Anstiege gehe, einmal über die Alpen und einmal über die Dolomiten. Erst unterwegs bemerkte sie, dass das nicht stimmte.

Martina: Es waren insgesamt etwa 40'000 Höhenmeter. Martin hat mir das mit Sicherheit vor unserer Wanderung gesagt, aber ich konnte mir nicht vorstellen, was das bedeutet. Es ging wirklich sehr oft hoch und runter.

Was machen Sie jetzt?

Martina: Ich halte Vorträge zum Thema Burnout und Prävention stressbedingter Erkrankungen, auch gemeinsam mit Martin. Es ist eine Herzensangelegenheit, dazu beizutragen, solche Erkrankungen zu verhindern. Daher habe ich eine Weiterbildung als Resilienztrainerin gemacht. Im Januar habe ich zudem angefangen, als Integrationscoach für berufliche Wiedereingliederung zu arbeiten.

Können Schicksalsschläge einen stärker machen?

Martina: Ja. Ich komme heute gut zurecht. Ich bin stolz und auch fasziniert, was mein Körper alles kann. Ich kompensiere einen grossen Teil des fehlenden Sehens durch andere Sinne. Prof. Dr. Scholl aus der Augenklinik in Basel sagte mir, dass Patienten oft den Eindruck haben, dass sie mit der Zeit besser sehen, obwohl sich die Sehfähigkeit nicht verändert. Das liegt daran, dass wir lernen damit umzugehen. Ich finde das faszinierend.

Ich habe noch nie so viel über mich gelernt und würde das auf keinen Fall wieder hergeben wollen. Das hat mich extrem bereichert und auch extrem verändert.

Vielen Dank!
Martin Orgler

Martina Talamona (51) studierte Psychologie und arbeitete anschliessend im Personalwesen, zuletzt als HR-Leiterin auf Geschäftsleitungsebene. 2008 kam sie aus Deutschland in die Schweiz.

Martin Talamona (51) wechselte nach einer technischen Berufslehre in die Informatik und hat dort in verschiedenen Führungsfunktionen Unternehmen in modernen Zusammenarbeitsformen geprägt. Vor vier Jahren wechselte er ins Gesundheitswesen und ist heute Leiter der Organisationsentwicklung im Stadtspital Zürich.

Schwieriges Hörbuch

Unsagbarer Sprachrausch

Der 900 Seiten starke Roman »Witz« des Pulitzer-Preisträgers Joshua Cohen hat das Team des Hörbuchstudios vor besondere Herausforderungen gestellt: Hier wird nicht nur mit Worten und Wortneuschöpfungen, sondern auch mit Auslassungen oder typographischen Besonderheiten erzählt. Wie kann das hörbar gemacht werden? Über den Entstehungsprozess dieses nicht alltäglichen Hörbuchs unterhalten sich die SBS-Aufnahmeleiterinnen Serena Schranz (SES) und Eveline Ratering (ER) mit Sprecher Nicolas Batthyany (NB).

SBS-Aufnahmeleiterinnen Eveline
            Ratering und Serena Schranz mit Sprecher Nicolas Batthyany
SBS-Aufnahmeleiterinnen Eveline Ratering und Serena Schranz mit Sprecher Nicolas Batthyany

ER: Die Vorbereitungen für die Hörbuch-Aufsprache von »Witz« konnte ich erst nach einem halben Arbeitstag und einem Mailwechsel mit dem Verlag abschliessen. Die Nummerierung der Kapitel z. B. beginnt mit lateinischen Ziffern von I bis IV, wechselt auf eine arabische 2 und springt dann direkt auf die 5, um schliesslich mit der römischen VI zu enden.

Meine Nachfrage beim Verlag ergab, dass der Autor damit den Konflikt zwischen römischer und arabischer Nummerierung andeuten wolle und bei den weggelassenen Ziffern die Bücher Mose im Sinn gehabt habe. Ihr Wegfall stehe in Verbindung zum Holocaust, den der Autor im Roman sozusagen unter negativen Vorzeichen schildere. An anderer Stelle stehen Anführungs- und Schlusszeichen und dazwischen: eine Leerstelle – hier geht es um Gott, den man nicht benennen darf. Nicolas, du liest das Buch bei uns im Studio: Wie geht es dir dabei?

NB: Ich glaube, ich habe noch nie einen so vielschichtigen Roman gelesen. Es ist, als nähme uns der Autor mit durch seine vor Ideen übersprudelnden Hirnwindungen, sodass man aus der Verblüffung nicht mehr herauskommt. Ich versuche, intuitiv vorzugehen, dem Text mit staunendem Abstand zu folgen. Ich habe nicht den Anspruch, alles auf Anhieb zu verstehen; meistens erschliesst sich mir der Inhalt während des Lesens. So entsteht eine Spur, der man doch irgendwie folgen kann, auch wenn ich immer wieder stoppen muss, um einzelne Wörter und Begriffe nachzuschlagen.

ER: Was macht den Text so besonders?

NB: Er ist ein Sprachmonster, ein endloser Rap, den uns Cohen da so leichtfüssig hinrotzt (kongenial nachgedichtet vom Übersetzer Ulrich Blumenbach). Der Autor arbeitet mit Bildern und Wortschöpfungen, die rein lautmalerisch funktionieren, teilweise aber auch aus dem Jiddischen oder dem Hebräischen abgeleitet sind. Auch wenn die Sätze hochkompliziert sind, verbergen sich darunter zutiefst menschliche Geschichten. Und bei aller Ernsthaftigkeit ist der Autor auch lustig. Ich muss immer wieder wahnsinnig lachen beim Lesen.

ER: Und hoch intellektuell dazu. Cohen arbeitet nebenbei die ganze jüdische Geschichte der letzten 100 Jahre auf und spickt sie mit Zitaten aus Thora, Kunstgeschichte und Popkultur. Ganz schön schwierig, das alles mitzunehmen, oder?

NB: Schwierige Bücher sind letztlich jene, die man nicht gerne liest. »Witz« ist zwar anspruchsvoll und herausfordernd, aber schwierig in diesem Sinn finde ich es nicht.

SES: Lohnt sich der Aufwand?

ER: Joshua Cohen hat im Herbst 2022 den Pulitzer-Preis für seinen Roman »The Netanjahus« erhalten, der im Frühjahr 2023 auf Deutsch erscheinen wird. Das heisst, über diesen Autor und seine Bücher wird derzeit in vielen wichtigen Medien berichtet. Auch der Roman »Witz« wurde in den Feuilletons besprochen. Wir verstehen den Gleichstellungsauftrag so, dass man als blinde, seh- oder lesebehinderte Person auch an solchen hochkarätigen, literarischen Ereignissen uneingeschränkt teilhaben kann.

SES: Die Lektüre des Romans scheint sehr aufwändig und kompliziert. Bietet er denn trotzdem ein Hörvergnügen?

ER: Ja! Nicolas Batthyany liest den Text so, dass man beim Zuhören gar nicht mitbekommt, wie anspruchsvoll das eigentlich ist, was er da gerade macht. Er liest cool, beherrscht den Slapstick und bewegt sich darin mit Leichtigkeit und – Witz!

Serena Schranz und Eveline Ratering

Aktion Wiitblick

Stafette quer durch die Schweiz – mit Sehbehinderten, für Sehbehinderte

Der Visper Mario Kämpfen, Stiftungsrat der SBS, initiiert eine aussergewöhnliche Spendenaktion: eine Laufstafette von Basel nach Visp. Sein Ziel: Die Bevölkerung für die Bedürfnisse Sehbehinderter sensibilisieren.

Seit rund 20 Jahren leidet Mario Kämpfen an Retinitis Pigmentosa. Die Netzhautdegeneration schränkt sein Sehfeld stark ein. »Was vom Sichtfeld übrig ist, kann man sich vorstellen, wenn man durch ein zwei Zentimeter dickes Röhrchen schaut«, schildert Mario Kämpfen. Mit 25 Jahren musste er wegen starker Schmerzen sein rechtes Auge entfernen lassen. Im Alltag trägt er einen weissen Blindenstock. Er ist sehr aktiv und selbständig, aber manchmal doch froh um Unterstützung. »Beim Joggen, da bin ich einfach Läufer und renne mit Tempo Teufel durch die Gegend«, erzählt er mit Begeisterung. »Genau das will ich den Sehbehinderten mit meiner Aktion vermitteln: Wir können das, wir schaffen das!«

Mario Kämpfen
Mario Kämpfen

Am 2. Mai gehts los

Auf die Idee gekommen ist Mario Kämpfen während eines abenteuerlichen Laufs. Gemeinsam mit einem Freund lief er vom Simplonpass zum Lago Maggiore. Diese Erfahrung motivierte ihn, eine Laufstafette ins Leben zu rufen, bei der möglichst viele Sehbehinderte mitmachen können. »Wiitblick 2023« startet am 2. Mai 2023 in Basel und führt über Delémont, Bern und Spiez nach Visp. Die Etappenziele befinden sich immer bei einem Bahnhof. »So können die Teilnehmer unkompliziert mit dem ÖV an- und weiterreisen«, erklärt der Initiator.

Alle Sehbeeinträchtigten sollen mitmachen können, gemäss ihren Möglichkeiten und im eigenen Tempo. »Jede und jeder soll so weit mitjoggen oder -walken, wie es ihr oder ihm entspricht.« Dabei werden alle Teilnehmenden von Lauf-Guides begleitet. Medizinische Betreuung ist bei Bedarf ebenfalls garantiert. Am Zielort Visp wird es eine Feier geben, verspricht Kämpfen, »ich will mit dieser Aktion Sehbehinderte raus aus der Stube holen und ermuntern, die Welt zu erleben, zu geniessen!«

Auf seiner Website aktion-wiitblick.ch haben sich viele Sehbeeinträchtigte und viele freiwillige Helferinnen und Helfer angemeldet. »Es ist schön, dass ich so Menschen zusammenbringen kann«, freut sich der Visper.

Sensibilisieren und Spenden sammeln

Der Kontakt und das gemeinsame Erlebnis liegen Mario Kämpfen am Herzen. Zudem soll die Laufstafette die Bevölkerung für die Lebenssituation und die Bedürfnisse Sehbeeinträchtigter sensibilisieren. Und es geht auch darum, die Blindenorganisationen bekannter zu machen. »Im Wallis kennt niemand die SBS. Auch das möchte ich ändern.« Und nicht zuletzt ruft er mit seiner tollen Aktion zum Spenden auf. »Wenn jede und jeder einen Fünfliber spendet, haben wir gewonnen!«, so Kämpfen verschmitzt. Die Spenden gehen an Organisationen, die ihm besonders am Herzen liegen: an den Verein Blind-Jogging, ohne den die Aktion nicht machbar wäre, sowie an die SBS. Kämpfen ist ein begeisterter Nutzer, leiht viele Hörbücher aus – geschichtliche Romane und auch Krimis.

Bitte unterstützen Sie die Aktion von Mario Kämpfen mit einer Spende: aktion-wiitblick.ch.

Herzlichen Dank!
Othmar Bamert

»Ich will Sehbehinderte motivieren und andere Menschen sensibilisieren.«

Möchten auch Sie sich mit einer Spendenaktion engagieren? Mehr dazu unter: meine-spendenaktion.sbs.ch

Online-Player

Ziel erreicht, Begeisterung geweckt

Die Absicht war klar. Wir wollten unseren Kundinnen und Kunden ermöglichen, Hörbücher und E-Books einfach abspielen zu können, ohne eine Software installieren zu müssen, und das auf allen Geräten, egal mit welchem Betriebssystem. SBS-Projektleiter Michi Zaugg, Leiter der IT-Abteilung, musste schnell feststellen, dass dieses Projekt eine grosse Herausforderung darstellte und einige Stolpersteine bereithielt.

Vorgeschichte

2013 reagierte die SBS auf die zunehmende Digitalisierung und führte eine Online-Bibliothek ein. Dort können unsere Kundinnen und Kunden Hörbücher herunterladen. Im Zuge dieser Neuerung übernahm die SBS den Hörbuchplayer einer Partnerbibliothek, der aber nie weiterentwickelt wurde. 2017 versuchte die SBS dann einen eigenen Player zu entwickeln. Das Projekt wurde aber bald eingestellt, da es auf dem Markt keine adaptierfähigen Produkte gab. 2020 wurde das Projekt wieder aufgenommen. In der Zwischenzeit hatten sich unsere Anforderungen an einen Online-Player geändert. Er sollte nun nicht nur Hörbücher, sondern auch E-Books abspielen. 2013 erweiterte die SBS ihr Angebot, indem die Online-Plattform »Buchknacker« ins Leben gerufen wurde, die sich hauptsächlich an Kinder und Jugendliche mit Dyslexie (Legasthenie) richtet. Der neue Online-Player sollte daher nicht nur die Bedürfnisse unserer blinden und sehbehinderten Kundinnen und Kunden erfüllen, sondern auch die Bedürfnisse der meist jungen, lesebehinderten Kundschaft.

Anforderungen

Der Player muss für blinde und sehbehinderte Kundinnen und Kunden komplett zugänglich sein. Sämtliche Buttons und Schaltflächen müssen sich anwählen und drücken lassen. Auch Kundinnen und Kunden mit Dyslexie soll er dienlich sein. Er muss daher Funktionen enthalten, die das Lesen erleichtern. Zudem soll der Player kostenlos verfügbar sein, ohne Herunterladen einer Software funktionieren und sich auf Smartphone, Tablet, Laptop oder PC mit allen gängigen Betriebssystemen benutzen lassen. Diese hohen Ansprüche stellten für Michi Zaugg und sein Projektteam eine grosse Herausforderung dar, die sie sehr gerne annahmen.

Umsetzung

Schnell wurde klar, dass sich der 2013 eingeführte Player nur schwer anpassen liess. Auch das EPUB-Format, das Standarddateiformat für E-Books, konnte nur als Basis dienen. Die SBS musste also, darauf aufbauend, etwas Neues entwickeln. Das Projekt wurde immer umfassender und komplexer. Zudem fiel die Umsetzung in die Coronazeit, was den Kontakt mit Lieferanten erschwerte und auch zu Verzögerungen durch Lieferengpässe führte. Nach vielen Arbeitsstunden, nach mehr als 13'000 geschriebenen Programmzeilen, nach etwa 100 Video-Calls und unzähligen kleinen und grossen Aufgaben konnten Michi Zaugg und sein Team das Projekt im Herbst 2022 erfolgreich abschliessen.

Stolpersteine

Während des Projekts löste das Team die meisten Probleme schnell. Einige entwickelten sich allerdings zu richtigen Knacknüssen.

Zwei Beispiele: Da der Player die E-Books auch vorlesen sollte, war eine synthetische Stimme erforderlich. Diese kommt direkt von den Servern der SBS. Das hat den Vorteil, dass die Benutzerinnen und Benutzer keine Software installieren müssen. Besonders herausfordernd war dabei, die Stimme und die gleichzeitige Kennzeichnung im Text zu synchronisieren.

Der Player sollte auch mit JAWS, einem häufig verwendeten Bildschirmleseprogramm, funktionieren. Er läuft in einem sogenannten iframe, einem Fenster in einem Fenster. JAWS erkennt das leider nicht und liest über den Rand des Fensters hinaus. Doch auch hier hat das Team nach viel Kopfzerbrechen eine gute Lösung gefunden, indem es einen Screen-Reader-Modus in den Player integriert hat.

Hat sich der Aufwand gelohnt?

Michi Zaugg und Vera Weber-Bär
Michi Zaugg und Vera Weber-Bär

Unsere blinde Kundin Vera Weber-Bär hat den Player an ihrem PC getestet. Zuerst war sie ein wenig skeptisch. Normalerweise liest sie auf ihrem Smartphone und nicht am PC mit der Braillezeile. Allerdings stellte sie schnell erfreut fest: »Der Player ist sehr leicht bedienbar, ich kann alles einfach ausprobieren und erkunden.« Nachdem Vera Weber-Bär die Möglichkeiten aufgezeigt wurden, die der Online-Player bietet, fiel ihr Urteil durchwegs positiv aus: »Ich kann mir gut vorstellen, den Online-Player in Zukunft zuhause zu nutzen. Es ist ein grosses Plus, dass ich die Lesegeschwindigkeit erhöhen kann. Das können nicht alle Player. Wählen zu können, wie weit man im Text vor- oder zurückspringt, finde ich auch sehr gut. Wenn ich meinen Kindern ein Buch vorlese und ein Wort unklar ist, ist es gut, wenn ich nur ein paar Sekunden zurückspringen kann und nicht zum Anfang des Kapitels zurück muss. Dass der Text auch auf der Braillezeile zu lesen ist, finde ich ebenfalls sehr gut. Man will ja manchmal wirklich lesen und nicht hören müssen. Dass mit den Hörbüchern menschliche Stimmen angeboten werden, ist toll. Ich habe gemerkt, dass ich bei synthetischen Stimmen schneller ermüde. Besonders um mir Wissen anzueignen, Texte zu kürzen und zu markieren, sehe ich einen grossen Nutzen in diesem Player. Die ganze Textbearbeitung ist hier sehr einfach. Ich finde den Player toll. Ich sage einfach: SBS, danke vielmals.«

Den Player bei jungen, lesebehinderten Kunden zu testen, war für Michi Zaugg sehr leicht. Seine Zwillingssöhne Naid und Bijan sind die jüngsten bei der SBS eingeschriebenen Kunden. Von ihnen eine Aussage über den Player zu bekommen, war schon viel schwieriger. Sie sind kaum von ihren Tablets zu trennen, bedienen den Player mit Leichtigkeit und erzählen sich gegenseitig begeistert, was sie jeweils gerade gelesen haben. Naid berichtet enthusiastisch aus seinem Ritterbuch: »Sie haben den ganzen Wassergraben mit Steinen zugeschüttet. So können sie jetzt dort ein Katapult hinstellen.«

Naid und Bijan
Naid und Bijan

Unser Ziel, dass Kinder und Jugendliche mit Dyslexie Freude am Lesen entwickeln und so ihren Wortschatz und ihr Wissen vergrössern können, scheinen wir erreicht zu haben.

Martin Orgler

Buchpatenschaft

Engagement punktet in Braille

Liebe Leserin,
lieber Leser

Menschen, die von Geburt an blind sind, können das selbstständige Lesen und Schreiben ausschliesslich mit Hilfe der Brailleschrift erlernen. Die taktile Punktschrift – diese geniale Erfindung von Louis Braille – ist weiterhin ungemein wichtig für Betroffene. Denn sie ermöglicht das selbstständige, unbeeinflusste Aufnehmen von Informationen und die Arbeit an PC, Tablet oder Smartphone. Dank Brailleschrift ist die selbstbestimmte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben und an Bildungsangeboten, im Beruf, in Politik und Kultur möglich.

Die Übertragung eines Buches in die Brailleschrift ist eine Wissenschaft für sich. Nur geschulte, erfahrene Fachkräfte beherrschen dies, bei der SBS zum Beispiel Corinne Scherrer. Im Interview auf der nächsten Seite erklärt sie, warum der Aufwand, ein Buch in Blindenschrift zu übertragen, so gross ist und warum es so wichtig und lohnenswert ist, diesen Aufwand zu betreiben.

Wir sind sehr dankbar, dass immer wieder Privatpersonen und Stiftungen mit einer Buchpatenschaft ganz direkt die Übertragung eines Werkes in die Brailleschrift ermöglichen. Diese Menschen und Organisationen machen damit nicht nur ein wichtiges Buch für blinde Menschen verfügbar. Sie brechen mit Ihrem Engagement auch eine Lanze für die geniale Erfindung der Brailleschrift.

Ihnen, allen ehemaligen und zukünftigen Buchpatinnen und Buchpaten, gebührt unsere Dankbarkeit.

Herzlich,
Othmar Bamert

Verantwortlicher Partnerschaften
Telefon 043 333 32 32 043 333 32 32
E-Mail spenden@sbs.ch

Der Weg zu Ihrer Buchpatenschaft

Schlagen Sie uns Ihr Lieblingsbuch vor oder lassen Sie sich von unseren Vorschlägen auf unserer Website inspirieren. Mit 4000 Franken übernehmen Sie die Produktionskosten eines Buches in Blindenschrift oder als Hörbuch. Sie werden darin, falls gewünscht, namentlich erwähnt.

Weitere Informationen: sbs.ch/buchpatenschaft

Diese Bücher konnten wir dank Patenschaften als Hörbuch oder Braillebuch realisieren

Hörbuch, ermöglicht von Christina und Peter Fuchs

Wole Soyinka: Die glücklichsten Menschen der Welt

In Nigeria, das wegen Vorwahlen zur Präsidentschaft ausser Rand und Band ist, verkauft ein gerissener Geschäftemacher aus einem Krankenhaus gestohlene Körperteile für rituelle Praktiken. Wole Soyinka nimmt uns mit auf eine Tour de Force: ein mit Galgenhumor versetztes, hochspannendes Epos darüber, wie Macht und Gier und die Schatten des britischen Kolonialismus die Seele einer jungen Nation verderben.

Es liest: Jaap Achterberg

Hörbuch, ermöglicht von Heidi Nisslé

Brigitte Helbling: Meine Schwiegermutter, der Mondmann und ich

Im November 1953 protokolliert die zukünftige Schwiegermutter der Erzählerin das Liebeswerben ihres Studienkollegen H., der sie mit seinem Ansinnen in Fragen und Selbstzweifel stürzt. 60 Jahre später finden sich die Aufzeichnungen unter ihren nachgelassenen Papieren in ihrer Zürcher Wohnung. Verbunden mit der Geschichte der Erzählerin (und dem Mondmann) ist auch der »persönliche Lebensbericht« ihres Vorfahren Hans Conrad Escher, Ingenieur und Erbauer des Linthkanals.

Es liest: Miriam Japp

Hörbuch, E-Book, Braille- und Grossdruckbuch, ermöglicht von einer Stiftung

Ingo Froböse, Matthias Riedl, Anna Cavelius, Johannes Pantel: Fit im Alter

Mit diesem Ratgeber kann jeder Mensch ab 60 Jahren sein körperliches und mentales Potenzial bis ins hohe Alter effektiv erhalten und verbessern. Vier Säulen – senioren- und seniorinnengerechte Bewegung, Ernährung, Gehirntraining und sozial aktiver Lebensstil – bilden die Basis für die persönliche Weiterentwicklung und eine hohe Lebensqualität im Alter.

Es liest: Isabel Schaerer

Hörbuch, ermöglicht von Erika Stanek

Antonia Michaelis: Manchmal muss man Pferde stehlen

Die schüchterne Anna und der draufgängerische Tariq könnten unterschiedlicher nicht sein. Doch an der Pferdeweide freunden sie sich langsam an. Und auf dem Rücken der Pferde Wackelpo und Apfelmütze beginnt ein wunderbares, heimliches Sommerabenteuer. Ein poetischer Roman über Freundschaft, Flucht und Ankunft.

Es liest: Dagmar Hirsekorn

Hörbuch, ermöglicht von einer Stiftung

Johannes Dieterich: Tony Rinaudo – Der Waldmacher

Der Agrarökonom Tony Rinaudo revolutioniert mit seiner Methode FMNR die Wiederaufforstung in Afrika. Die Methode beruht auf der Nutzung vorhandener Baumstümpfe und Baumwurzeln. Durch gezieltes Ausschneiden von schwachen Sprossen wird das Wachstum der Pflanzen begünstigt. Das Buch erzählt vom steinigen Weg zum Erfolg der Methode.

Es liest: Samuel Streiff

5 Fragen an Corinne Scherrer, Übertragungsspezialistin Blindenschrift

Corinne Scherrer
Corinne Scherrer

Corinne Scherrer, was bedeuten Buchpatenschaften für dich?

Sie zeigen, dass Menschen und Organisationen unsere Arbeit, die Übertragung von Büchern in Blindenschrift, als wichtig erachten und wertschätzen. Ich freue mich, dass wir auf so grosszügige Spenderinnen und Spender zählen dürfen. Sie übernehmen die Patenschaft für eines ihrer Lieblingsbücher oder für ein Buch, das sonst nicht in Blindenschrift übertragen würde. Dank dieses grossen Engagements können wir unser Sortiment um wertvolle Literatur erweitern. Das motiviert uns sehr.

Weshalb sind Blindenschriftbücher wichtig?

Mit der Übertragung in Braille machen wir schriftliche Informationen taktil zugänglich. So können sich blinde Menschen schriftliche Informationen aktiv und selbstständig erschliessen und sich frei von jeglicher Beeinflussung eine Meinung bilden und mitreden. Ein gedrucktes Buch ist etwas Besonderes. Man spürt es in den Händen, kann darin blättern, fühlt, wie weit man schon vorangekommen ist. Das Sinnlich-Haptische spielt für blinde wie auch für sehende Leserinnen und Leser eine wichtige Rolle.

Es kommt vor, dass Buchpatinnen und Buchpaten eigene Vorschläge einbringen. Werden alle Bücher übertragen?

Alle Buchvorschläge werden von uns inhaltlich und formal geprüft. Bücher mit ethisch und ideologisch bedenklichen, etwa diskriminierenden Inhalten, lehnen wir ab. Grundregel: Wichtig ist für uns, dass ein Buch ein professionelles Lektorat durchlaufen hat und in einem Verlag erschienen ist. Weniger sinnvoll für unsere Nutzerinnen und Nutzer sind Bildbände. Schön ist, wenn sich ein Buch für eine breite Leserschaft eignet und sich viele darüber freuen können.

Wie lange dauert es, bis ein Buch als Braillebuch verfügbar ist?

Zuerst wird die Struktur des Buchtextes in einem aufwändigen Prozess bearbeitet, damit das Buch anschliessend optimal in Blindenschrift übertragen werden kann. Dies verlangt grosses Fachwissen und grosse Erfahrung. Für die Übertragung eines Buches von 400 Seiten brauchen wir 35 bis 40 Stunden.

Welche Bücher liest du persönlich?

Ich bin eine grosse Leseratte und habe schon ganze Tage lesend im Bett verbracht. Sehr gerne lese ich Krimis, besonders von skandinavischen Autorinnen und Autoren wie Håkan Nesser, Camilla Läckberg oder Christoffer Carlsson. Auch spannende Storys von Schweizer Autorinnen und Autoren wie Daniel Badraun oder Christine Brand ziehen mich in ihren Bann. Zwischendurch verschlinge ich gerne auch mal einen historischen Roman. Und für Wohlfühlmomente mag ich Romane über die Liebe und das Leben, beispielsweise von Milena Moser, Gaby Hauptmann oder Mhairi McFarlane.

Herzlichen Dank!
Othmar Bamert

Who's Who

Erika Erdem
Erika Erdem

Erika Erdem – Mitarbeiterin Versand/Magazin

Deine Aufgabe in der SBS?

Kundenbestellungen (Punktschriftbücher, Grossdruckbücher, Spiele und Hörbücher) gemäss Auftrag bearbeiten und für den Versand verpacken. Retouren bearbeiten, damit Kunden neue Medien erhalten können.

Deine Motivation, für die SBS zu arbeiten?

Personen mit einer Beeinträchtigung Freude an der Literatur ermöglichen.

Welche Eigenschaften schätzt du bei deinen Kolleginnen und Kollegen am meisten?

Kompetenz und Humor.

Und welches ist deine wichtigste Eigenschaft?

Hilfsbereitschaft.

Brauchst du Bücher, um glücklich zu sein?

Nein, aber ich kann dabei gut abschalten und entspannen.

In welcher Form geniesst du Literatur und wie häufig?

Immer wenn ich Zeit habe, lese ich in einem Buch.

Welches Buch hat dich besonders geprägt – und warum?

»Das Tagebuch der Anne Frank«, ihre interessanten Gedanken zu sehr schwierigen Themen.

Welches Buch hast du zuletzt gelesen – und warum?

»Das Flüstern der Feigenbäume« von Elif Shafak, da mich interkulturelle Beziehungsgeschichten interessieren.

Welches Buch würdest Du selbst gerne schreiben?

Eine Biographie über eine Person, die in einem fremden Land lebt und von ihrem Leben spannend erzählt.

Du kannst uns drei Bücher ans Herz legen:

»Sonne über dem Salzgarten« von Tabea Bach, »Der Buchhändler« von Petra Johann, »Anleitung ein anderer zu werden« von Édouard Louis.

Deine Lieblingsbeschäftigung neben der Literatur?

Zeit mit meiner Familie verbringen.

Dein liebstes Reiseziel?

Ich entdecke gerne neue Städte.

Dein nächstes Ziel in der SBS?

Nach meiner Babypause im August wieder in der SBS arbeiten.

Dein Lebensmotto?

Hindernisse sollen dich nicht aufhalten. Wenn du gegen eine Wand läufst, dreh nicht um, gib nicht auf! Finde heraus, wie du darüberklettern, hindurchgehen oder aussen herum gehen kannst!

In fünf Sätzen:

Ich bin 39 Jahre alt. Nach meiner Ausbildung als Logistikassistentin und einigen Berufsjahren kam ich 2014 zur SBS. Mit meiner kleinen Familie wohne ich in Bassersdorf. Im örtlichen Turnverein engagiere ich mich als technische Leiterin.

SBS Märchenbücher

Spendenaktion der SBS: Die Grimm-Märchenbücher

Alles wird gut – dank Ihnen!

Märchenbuch
»Brüderchen und Schwesterchen«

Ein typisches Merkmal vieler Märchen: die Protagonisten müssen sich alleine durch schwere Schicksalsschläge kämpfen, am Schluss aber wird alles gut, so auch im Märchen »Brüderchen und Schwesterchen«. Die böse Hexe wird bestraft, die Geschwister werden erlöst und können bis an ihr Lebensende glücklich sein. Im realen Leben ist das anders. Wer zum Beispiel sein Augenlicht verliert, kann diesen Schicksalsschlag nicht alleine bewältigen, sondern ist auf Unterstützung angewiesen – auf Ihre Unterstützung.

Dieses Jahr gibt die SBS bereits zum 64. Mal ein Märchen der Gebrüder Grimm heraus. Die Büchlein dieser Reihe sind einerseits beliebte Sammelobjekte. Andererseits ist diese jährliche Spendenaktion ein wichtiges Standbein bei der Finanzierung der SBS.

Das Märchenbuch »Brüderchen und Schwesterchen«, liebevoll illustriert von Bernadette Watts, erscheint im August 2023. Sammeln Sie die seit 1960 jährlich herausgegebenen Kostbarkeiten? Einige Titel aus früheren Jahren können wir nachliefern:

  • 2014 Der gestiefelte Kater
  • 2018 Das tapfere Schneiderlein
  • 2019 Dornröschen
  • 2020 Tischlein deck dich
  • 2021 Hänsel und Gretel
  • 2022 Der Wolf und die sieben jungen Geisslein

Ihre Bestellung nehmen wir gerne telefonisch entgegen: 043 333 32 32 043 333 32 32. Oder online unter: sbs.ch/spenden-unterstuetzen/geschenkideen/maerchenbuecher

Wir danken herzlich für Ihre Unterstützung.

Tag der offenen Tür 2023

Tag der offenen Tür 2023
Tag der offenen Tür 2023

Unterwegs in der Buecher-Galaxie

EINLADUNG ZUM

TAG DER OFFENEN TÜR
24. JUNI 2023
9.00-16.00 UHR

SBS Schweizerische Bibliothek
für Blinde, Seh- und Lesebehinderte
Grubenstrasse 12
8045 Zürich
www.sbs.ch/offenetuer

Impressum

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dialog Nr. 42 April 2023

dialog – das Magazin der SBS Schweizerische Bibliothek für Blinde, Seh- und Lesebehinderte

Redaktionsleitung und Produktion: Martin Orgler, sbs.ch
Textredaktion und Beratung: trieloff kommunikation, trieloff.ch
Grafik Design und Layout / Illustrationen: JoosWolfangel, jooswolfangel.ch
Titelbild / weitere Fotos: Matthias Auer, auerfoto.ch; Martin Orgler (Fotos: Vera Weber-Bär, Michi, Naid und Bijan Zaugg); Schnyder Werbung AG, schnyder-werbung.ch (Foto: Mario Kämpfen); Palma Fiacco, palmafiacco.ch (Foto: Othmar Bamert)

© SBS 2022

Verlag: SBS Schweizerische Bibliothek für Blinde, Seh- und Lesebehinderte
Grubenstrasse 12,
CH-8045 Zürich,
Telefon 043 333 32 32 043 333 32 32

www.sbs.ch,
E-Mail: spenden@sbs.ch

Spendenkonto: CH74.0900.0000.8000.1514.1

Der dialog ist für blinde, seh- und lesebehinderte Menschen auch in geeigneter Form erhältlich. Auskunft über Telefon 043 333 32 32 043 333 32 32 oder nutzerservice@sbs.ch

Ausgabe von «dialog» Nr. 42 hören

dialog Nr. 42 (00:23) Start
1 Editorial (03:26) Start
2 SBS-Interview (15:38) Start
3 Schwieriges Hörbuch (04:57) Start
4 Aktion Wiitblick (04:21) Start
5 Online-Player (07:21) Start
6 Buchpatenschaft (09:33) Start
7 Who's who. Erika Erdem (03:05) Start
8 SBS Märchenbücher (02:28) Start
9 Tag der offenen Tür 2023 (00:29) Start

Haben Sie Fragen? Kontaktieren Sie uns.

Porträt Martin Orgler
Martin Orgler

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08.00 – 12.15 und 13.15 – 17.00