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Melodien ertasten mit Musiknoten in Braille

Alexander Wyssman am Klavier
Der blinde Jazzpianist Alexander Wyssman nutzt Braille-Musiknoten (SBS)

Wussten Sie, dass die Brailleschrift auch für Musiknoten verwendet wird? Dieser weniger bekannte Teil der Braille-Erfindung zeigt, wie vielfältig sie ist und erweitert den Zugang zu Kultur für blinde Menschen weltweit.

Musiknoten in Braille (SBS)
Musiknoten in Braille (SBS)

1825 erfand Louis Braille die nach ihm benannte Blindenschrift. Gleichzeitig entwickelte er, selbst Musiker und Organist, ein Notensystem für blinde Menschen. Mit denselben sechs Punkten der Brailleschrift können auch Musiknoten dargestellt werden. Jede Note wird durch eine Kombination der oberen vier Punkte definiert, während die Länge durch die unteren zwei Punkte angegeben wird. Ein Zeichen vor dem Ton gibt dessen Höhe an, und mit zusätzlichen Punkten werden alle Informationen des Fünfliniensystems – wie Artikulation, Bögen oder Fingersätze – in einer fortlaufenden Linie tastbar gemacht.

Weltweit wird die gleiche Systematik für die Braille-Musiknotation verwendet. Dies ermöglicht einen uneingeschränkten Austausch von Musikalien zwischen verschiedenen Produzenten und ein möglichst breites Angebot für blinde Musikerinnen und Musiker.

Die barrierefreien Noten im Einsatz

Mit diesem System können blinde Musikerinnen und Musiker eigenständig Noten schreiben, lesen und Stücke einüben. Allerdings unterscheidet sich der Prozess vom herkömmlichen Notenlesen: Da die Hände beim Musizieren gebraucht werden, lernen Musikerinnen und Musiker die Noten meist auswendig, bevor sie ein Stück spielen.

Stevie Wonder
Stevie Wonder an einem Konzert in New Orleans (Shutterstock / Adam McCullough)

Einer der bekanntesten Nutzer von Braille-Musiknoten ist wohl der US-amerikanische Musiker Stevie Wonder. Er komponiert zwar überwiegend nach Gehör, aber verwendet Braille, um seine musikalischen Ideen festzuhalten und mit anderen zu teilen.

Musiker Alexander Wyssman liest Braille
Musiker Alexander Wyssman liest Braille (SBS)

Der blinde Schweizer Jazzpianist Alexander Wyssman erklärte im Interview mit der SBS: «Bevorzugt lese ich die Akkorde in Braille, auch Details und schwierige Stellen lese ich, das ist am genausten […] Die Melodie lese ich mit der linken Hand und spiele sie mit der rechten, dann lese ich die Akkorde und dann arrangiere ich alles nach meinem Gusto».

Von der Diktierung zur digitalen Übertragung

In der Vergangenheit diktierten sehende Musikerinnen und Musiker ihren blinden Kolleginnen und Kollegen die Noten, die sie anschliessend in die Blindenschrift übertrugen. Heute erlernen zuweilen sehende Musikerinnen und Musiker Braille, um selbst Musikalien in Blindenschrift zu übertragen – etwa in der SBS.

Moderne Technologien ermöglichen es, Musiknoten einzuscannen und mithilfe von Computerprogrammen zu codieren. Daraus entsteht eine Rohfassung der Braillenoten. Anschliessend wird das Stück in sinnvolle Abschnitte unterteilt, und mehrstimmige Passagen werden individuell angepasst. Dieser Prozess erfordert nicht nur musikalisches Fachwissen, sondern auch ein hohes Mass an Sorgfalt.

Bei der Übertragung von Musiknoten in Braille spielt die SBS eine Schlüsselrolle: Die von unseren Fachpersonen übertragenen Musikalien umfassen verschiedensten Stilrichtungen – von Klassik bis Pop. Unser Sortiment steht Profi- sowie Hobby-Musikerinnen und Musiker zur Verfügung. Weitere Informationen zu unserem Angebot finden Sie hier.